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»Wir sind Kinder mit mehr Erfahrung«
Lieder-Album-Rezension: Arne und die Strümpfe präsentieren ihr zweites Punk-Musical
Von DETLEF KINSLER, MainEcho, 21.01.2021
FRANKFURT. Als die Musiker der Frankfurter Band Die Traktor 2018 ein erstes Album für Kinder unter dem Alias Arne und die Strümpfe aufnahmen, war es für die passionierten Punk-Rocker ein nettes Experiment. Aber ihre Idee, altbekannte Kinderlieder in einem modernen Sound zu interpretieren und eine Art Märchen drumherum zu stricken, wurde mehr als ein Achtungserfolg.
»Wir haben uns erst mal nicht viele Gedanken gemacht, wie Arne und die Strümpfe ankommen wird«, erinnert sich Sänger Arne Schneider. »Es war ja schließlich am Anfang nur eine fixe Idee. Aber dass es so gut ankommt, darauf waren wir wirklich nicht gefasst.« Und Schlagzeuger Stephan »Harrison « Fladung ergänzt. »Wir waren über das positive Feedback, sowohl von den Medien wie von den Kindern und ihren Eltern, sehr überrascht.« Und nicht minder hoch erfreut. Grund genug, jetztmit »Die Traktor präsentiert: Arne und die Strümpfe 2« eine neue Geschichte mit noch mehr knackigen Liedern nachzulegen. Das Gute daran: das alles funktioniert auf Platte, als Lesung und im Theater. Alles haben Arne und die Strümpfe längst ausprobiert.
Auf echte Kinderlied-Klassiker wie »Auf der Mauer, auf der Lauer«, »Fuchs, Du hast die Gans gestohlen« oder »Häschen in der Grube« verzichten Arne und die Strümpfe auch diesmal nicht, überraschen aber mit einem Volkslied wie »Dunkel war’s der Mond schien helle« voll wunderbarer Paradoxien und dem irischen Shanty »What Shall We Do With A Drunken Sailor«, natürlich alles im Stile einer zur Rock’n’Roll-Band gereiften Punk-Kapelle interpretiert.
Große Abenteuer
So befeuern sie die von Arne und Stephan geschriebene Story über Sascha, der sich – von seinen Eltern an einem fremden Ort allein gelassen – erst elend und einsam fühlt, dann aber doch große Abenteuer erleben darf. Das alles wird einmal mehr eindrucksvoll erzählt von Linus Koenig. Die ungebremste Energie der der Juvenilität entwachsenen Musiker erklärt Arne Schneider wie folgt: »Wir fühlen uns trotzdem wie Kinder, wenn wir uns im Proberaum zum Songschreiben treffen.«
Dass sie sich stilistisch breiter aufgestellt haben, hat aus Arnes Sicht weniger mit »erwachsener sein« zu tun. »Wir sind jetzt Kinder mit mehr Erfahrung«, lacht der Sänger. Und sein Schlagzeuger pflichtet ihm bei: »Zudem ist diesmal das Album ja auch für ältere Kinder, also im Grundschulalter und darüber hinaus. Dies beinhaltet, dass Text und Musik gereifter sein müssen.«
Märchenhaftes und sehr Reales prallen aufeinander, Einhörner begegnen Autoscootern, Keine Frage: Beides gehört zur Kinderwelt. »Märchen verbinden sämtliche Kulturkreise. In ihnen greifen übernatürliche Kräfte und Gestalten in das Leben ein, gleichzeitig tragen sie sozialrealistische oder sozialutopische Züge und sagen viel über gesellschaftliche Bedingungen. Uns war es wichtig, dies zeitgemäß für Kinder umzusetzen«, erläutert Fladung. »Einhörner sind sehr real, sagt meine Tochter«, gibt Schneider lachend preis. Gerne pädagogisch wertvoll, aber ohne erhobenen Zeigefinger, wollen die Musiker, mit dabei Bassist Stan Matas und der neue Gitarrist Sascha Maurer, ihre Arbeit verstanden wissen. »Träume und Gedanken, wie sie diesmal thematisiert werden, sind ein wichtiges Gut. Die Pressefreiheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung, überhaupt unsere Grundrechte, oder die UN-Kinderrechtskonvention. All das verbirgt sich doch irgendwie in der Geschichte. Die alle gilt es Mal um Mal zu schützen und dafür einzustehen«, betont Schneider.
Die CD erscheint Ende Januar, der Coronavirus hat das Land noch immer im Griff und mit dem Lockdown werden wir alle noch auf eine unbestimmte Zeit leben müssen. Nur zu gerne hätten sie diesmal wieder eine Release-Party gefeiert. Keine Chance. Wie sind Die Traktor denn bis dato durch die Pandemie gekommen? »Wir haben keinen Zeitdruck, das ist ein riesiger Vorteil. Klar wäre es schöner gewesen, Teil 2 mit einer Release-Veranstaltung aufzuführen, wie wir das schon beim ersten Teil getan haben«, denkt Fladung nur zu gerne an den Event vor drei Jahren zurück. »Andererseits ist es vielleicht auch ganz schön, zu Hause in eine Märchenwelt einzutauchen, gerade in einer Zeit wie dieser.«